Forum 1
Freiwilligenarbeit mit Flüchtlingen – Erfahrungen aus dem Kanton
Zum ersten Mal fand ein Forum im Filmsaal der Kaserne Liestal statt. Es ist etwas speziell, wenn man am Eingang von einem bewaffneten Soldaten in Uniform begrüsst wird – besonders in der momentanen Situation in Europa. Die Umstände der ukrainischen Flüchtlinge und auch der vielen Gastfamilien waren dann auch ein Thema aller drei Referentinnen in ihren Vorträgen.
Zu Beginn stellte uns Corinne Sieber, Rotes Kreuz Baselland, die Freiwilligenprogramme für Flüchtlinge und Flüchtlingsfamilien vor, die das Rote Kreuz Baselland anbietet. Dabei handelt es sich einerseits um das Programm «Salute», welches die Alltagsbegleitung von Flüchtlingen/Migrant/innen und vorläufig Aufgenommenen anbietet, anderseits um das Programm «mitten unter uns», welches die Begleitung von Müttern mit Kleinkindern anbietet. Die Begleitungen werden durch Freiwillige wahrgenommen. Der Fokus bei der Begleitung von Flüchtlingen, Migrant/innen und vorläufig Aufgenommenen liegt dabei auf der Deutschkonversation, sozialen und beruflichen Integration, Wohnungssuche und Lernhilfe. Das Programm «mitten unter uns» legt die Schwerpunkte auf die Themen Deutsch sprechen, Freizeit- und Alltagsaktivitäten, Unterstützung in der Schule sowie Austausch zu Familienthemen. Das Ziel ist, die Menschen zu «befähigen», Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Die Angebote sind kostenlos, die Freiwilligen erhalten keinen Lohn. Die Vermittlung wird durch das Rote Kreuz gemacht, es gibt eine Einsatzvereinbarung und die Freiwilligen werden durch fachliche Mitarbeiter:innen des Roten Kreuzes begleitet. Dabei ist es dem Roten Kreuz sehr wichtig, dass die Rollen geklärt und Aufgaben gut koordiniert werden. Die Freiwilligen übernehmen keine Aufgaben stellvertretend, welche in fachliche Hände gehören. Hier gibt es für die Freiwilligen gute Unterstützung in Form von Weiterbildungen, Austauschtreffen etc. durch das Rote Kreuz.
Nach einer kurzen Pause stellte Sabine Scherrer, Sozialhilfebehörde Arlesheim, stellvertretend für Brigitta Küry, Leiterin Sozialberatung Arlesheim, die Begleitgruppe Arlesheim vor, welche im Jahr 2015 im Zuge der grossen Flüchtlingswelle aus dem Balkan gegründet wurde und die in der Zivilschutzanlage Arlesheim untergebrachten Flüchtlinge des SEM betreute. Im Zuge der aktuellen Flüchtlingswelle aus der Ukraine nahm diese Begleitgruppe die Arbeit wieder auf und betreut neu auch Gastfamilien, welche ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben. Im Verlauf der Arbeit und Zusammenarbeit mit der Verwaltung stellte sich heraus, dass Engagement, Empathie, Sozialkompetenz, Kenntnisse der örtlichen Gegeben- und Gepflogenheiten, Verständnis für andere Kulturen sowie Teamfähigkeit wichtige Kompetenzen von Freiwilligen sind. Zudem ist auch in Arlesheim die Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen Begleitgruppe und Verwaltung/Sozialberatung ein sehr wichtiges Thema. Dabei bleiben die Einhaltung der Entscheidungskompetenzen, die klare Kommunikation aller Beteiligten, der Informationsaustausch, das gegenseitige Verständnis und der Respekt sowie die Wertschätzung der Arbeit aller und gegenüber allen Beteiligten grosse Herausforderungen.
Im Anschluss berichtete Mirjam Würth, Präsidentin Verein Freiwillige für Geflüchtete Frenkendorf-Füllinsdorf über das Angebot «ZusammenGenäht» sowie die anderen Angebote des Vereins. Die Gruppe «ZusammenGenäht» trifft sich zweimal pro Monat und fertigt gemeinsam z.B. Krabbeldecken, T-Shirts, Nackenkissen etc. an. Die Arbeiten werden durch zwei fachkundige Leiterinnen angeleitet, die Nähideen werden durch die Ressortleiterinnen oder zusammen mit den Teilnehmenden entwickelt. Die Nähmaschinen und der Raum werden zur Verfügung gestellt, das Material stammt aus Spenden. Von besonderer Bedeutung bei diesem Angebot ist der interkulturelle Austausch unter den Teilnehmenden. Mirjam Würth schilderte anschaulich, dass anfangs nur Männer zum Nähen kamen, da in vielen Ländern die Männer die Schneider sind. Mit der Zeit kamen auch Frauen, die ihre kleinen Kinder mitbrachten, worauf die Männer mit der Zeit immer mehr verschwanden. Jetzt nähen nur noch Frauen im Angebot «ZusammenGenäht». Daneben bietet der Verein verschiedene andere Angebote, eines davon ist die «Offene Anlaufstelle». Diese steht täglich zur Verfügung und bietet auf freiwilliger Basis Hilfesuchenden spontan die Möglichkeit unkompliziert Fragen zu stellen und Rat einzuholen. Dabei gibt es keine Einschränkungen. Es kann alles gefragt werden! Speziell für ukrainische Flüchtlinge steht jeweils Dienstag und Donnerstagvomitttag eine Übersetzerin auf ukrainisch, russisch und englisch zur Verfügung.