Sissachertagung
Spannungsfelder im Asylbereich
Die diesjährige Sissachertagung des Verbandes für Sozialhilfe Basel-Landschaft beschäftigte sich mit dem Thema «Spannungsfelder im Asylbereich». Im Eingangsreferat schilderte Fabian Dinkel, Amtsleiter des Kantonalen Sozialamtes Baselland die aktuelle Situation sowie die Herausforderungen für den Kanton und die Gemeinden in Asyl- und Flüchtlingsfragen in den Bereichen Zuweisung und Verteilung, Betreuung und Begleitung sowie Integration. Die Verteilung ist von der Kooperation und dem Mitwirken der Gemeinden abhängig und verlangt deren Vorleistung und Bereitschaft zur Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Der Kanton muss gegenüber dem Bund die Aufnahme garantieren, ohne (eigene) Aufnahmemöglichkeiten zu haben. Im Bereich Betreuung und Begleitung stellt die Finanzierung für die Gemeinden die grösste Herausforderung dar. Dabei tragen kleine Gemeinden ein höheres finanzielles Risiko vor allem bei teuren Einzelfällen. Zudem gibt es keine oder nur bedingte Abgeltung für strukturelle Kosten wie Vorleistungen, Betreuung und Gemeinkosten. Überdies gibt es keine Abgeltung für die Personen mit den Aufenthaltsstatus B5+ und VA 7+. Die langfristigen Tendenzen erhöhen die Bedeutung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs für die Sozialhilfe. Im Bereich Integration gibt es zwischen den Gemeinden erhebliche Unterschiede, da gezielte und strukturierte Integrationsförderung Ressourcen und Knowhow verlangt. Allerdings verursacht fehlende Integration langfristige Kosten. Im Anschluss informierten Corinne Sieber und Naser Morina über die Schwierigkeiten von traumatisierten geflüchteten Personen, deren Unterstützungsbedarf sowie das neue Projekt Spirit des Schweizerischen Roten Kreuz. Spirit möchte traumatisierte geflüchtete Personen mit dem Erlernen von vier Grundstrategien unterstützen, mit ihren emotionalen und praktischen Problemen umzugehen. Dabei soll die Selbstwirksamkeit und die Resilienz dieser Personen gefördert werden. Als unterstützende Personen werden dabei «Helpers» aus den jeweiligen Ursprungsländern eingesetzt, die die Muttersprache der Geflüchteten sprechen sowie über die kulturellen Kompetenzen beider Lebenswelten verfügen. Das ermöglicht praxisnahe Unterstützung ohne Dolmetscherpersonen. Die Zielgruppe sind vorläufig aufgenommene Personen, anerkannte Flüchtlinge und schutzbedürftige Personen (Status S). Anmeldungen werden beim schweizerischen Roten Kreuz Baselland ab Anfang Oktober angenommen, die Teilnahme am Pilotprojekt ist kostenlos. Anne Birk, Abteilungsleiterin des Amtes für Gesellschaft und Soziales des Kantons Solothurn berichtete über das Asylsystem des Kantons Solothurn. Dieses ist in eine kantonale und eine kommunale Phase aufgeteilt. Während der kantonalen Phase werden die geflüchteten Personen in kantonalen Asylzentren untergebracht. Dabei sind die Sicherstellung der Erstunterbringung sowie die Vorbereitung auf die kommunale Unterbringung die Ziele. In den Asylzentren werden die Kinder in zentrumsinternen Asylklassen und unbegleitete Asylsuchende (UMAs) in speziellen Schulklassen in Solothurn unterrichtet. Die Erwachsenen besuchen zentrumsinterne Deutschkurse sowie Workshops, in denen die Themen Wohnkompetenz, Werte und Normen, das Gesundheitssystem der Schweiz, Ernährung und Dentalhygiene, Erziehung, Polizei und Prävention, das Schulsystem der Schweiz sowie Sozialhilfe und Arbeitsmarktintegration behandelt werden. In der kommunalen Phase sind die Ziele die Integration der geflüchteten Personen in die Regelstrukturen, die soziale und wirtschaftliche Integration sowie die Ausrichtung der Asylsozialhilfe. Dabei wird die Unterbringung in Familienwohnungen, Wohngruppen oder Kollektivunterkünfte durch die Sozialregionen sichergestellt. Der Kanton sorgt für eine gleichmässige Verteilung der geflüchteten Personen auf die Gemeinden auf der Ebene der Sozialregionen im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen. Nach der Pause diskutierten die Referierenden untereinander und mit dem Publikum in einer ersten Phase über die Unterschiede zwischen den Asylsystemen der Kantone Solothurn und Baselland. Dabei befragte der Moderator Dieter Kohler das Publikum, welches System sie bevorzugten. Bei der Abstimmung entschieden sich nur fünf Personen für das System des Kantons Baselland. Auf dieses Ergebnis reagierte Regierungsrat Dr. Anton Lauber mit dem Aufruf an die Teilnehmenden, dass das System des Kantons Solothurn die Bereitschaft der einzelnen Gemeinden zur Zusammenarbeit erfordere, beispielsweise indem ein Haus für die Errichtung eines kantonalen Asylzentrums zur Verfügung gestellt werde. Aktuell sei die Zusammenarbeit der Gemeinden im Bereich Versorgungsregionen Alter notwendig. Dabei gebe es teilweise grosse Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit unter den Gemeinden. Im zweiten Teil empfahl Naser Morina den Teilnehmenden, die Erlebnisse, welche den geflüchteten Personen auf der Flucht widerfahren sind, in der Zusammenarbeit anzusprechen. Die meisten traumatisierten Personen brauchen keinen Psychiater, sondern aktive Anteilnahme und praktische Unterstützung. Damit könne viel Verarbeitungsarbeit geleistet werden.
Die einzelnen Präsentationen finden Sie hier:
Herausforderungen im Asylbereich, Fabian Dinkel
Projekt Spirit und PM+, Corinne Sieber und Naser Morina
Das Asylsystem des Kantons Solothurn, Anne Birk
Dieter Kohler, Moderator; Fabian Dinkel, Amtsleiter des Kantonalen Sozialamtes; Susanna Keller, Präsidentin des VSO; Regierungsrat Dr. Anton Lauber; Semra Wagner, Mitglied des Vorstands des VSO; v.l.n.r.